PRODUKTE FÜRS ALL - Raketenstart

Berlin Space Technologies baut Kleinsatelliten zu kleinem Preis und gewinnt damit Kunden in aller Welt.
Der Grund, warum Berlin Space Technologies sein Zuhause in Adlershof gefunden hat, ist überraschend banal: Deckenhöhe und Fahrstuhlbreite gaben den Ausschlag, dass Tom Segert, Matthias Buhl und Björn Danziger 2012 mit ihrem Start-up in den Technologiepark zogen. „Für die Herstellung unserer Satelliten benötigen wir mehr als drei Meter hohe Reinräume mit entsprechendem Luftabzug unter der Decke und einen Lastenaufzug mit mehr als 1,20 Meter Breite, damit die Satelliten hineinpassen“, sagt Segert. Die Suche in Berlin sei nicht leicht gewesen. Bis die drei Gründer passende Räume in Adlershof fanden.

Inzwischen hat Berlin Space Technologies 24 Mitarbeiter, die bisher vier Kleinsatelliten gebaut und verkauft haben – zu einem Bruchteil des üblichen Marktpreises. Möglich machen das kostengünstige Komponenten. Für einen 80 Kilogramm schweren Satelliten verlangen Airbus oder Boeing in der Regel mehr als 40 Millionen Euro, Berlin Space Technologies dagegen inklusive Raketenstart zwischen drei und fünf Millionen Euro. Das weckt Bedürfnisse. Kunden der Berliner sind aufstrebende Raumfahrtnationen oder private Unternehmen, die zum Beispiel Bilddaten nicht mehr teuer einkaufen, sondern ihre eigenen Satelliten betreiben möchten. Die Vorstellungen der Kunden sind dabei sehr individuell. Kein Problem für die Berliner. „Prototypen sind unsere Stärke“, sagt Segert.
Voller Schub: Tom Segert machte sich als Konstrukteur von Kleinsatelliten schnell einen Namen
Voller Schub: 
Tom Segert machte sich als Konstrukteur von Kleinsatelliten schnell einen Namen
Gelernt haben er und seine beiden Geschäftspartner ihr Handwerk im Studiengang Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität (TU) in Berlin. Mit Hilfe eines Exist-Gründerstipendiums machten sich die Drei mit ihrer Expertise im Bau von Satelliten und Kamerasystemen selbstständig. Um Geld zu verdienen, arbeitete Segert allerdings zunächst hauptsächlich als Innovations- Manager für Raumfahrttechnik bei der Technologie- Stiftung Berlin. In deren Namen dachte er sich Geschäftsmodelle aus, um sie Unternehmen in Berlin vorzuschlagen. „Zwischen 2004 und 2013 bin ich auf jeder erdenklichen Konferenz gewesen und habe dort von der Berliner Kompetenz im Satellitenbau erzählt“, berichtet Segert mit einem Schmunzeln. Zum Beispiel von zwei Satelliten, die die TU an Indonesien und Marokko verkauft hat. „Langsam aber sicher habe ich damit eine Marke aufgebaut, auch wenn in Berlin hinter dem Satellitenbau nie ein kommerzieller Gedanke stand.“

Als ein Unternehmen aus Kanada bei Segert dann eine Sternenkamera für die Internationale Raumstation ISS in Auftrag geben wollte, wurde der Jungunternehmer unsicher. „Wir hatten bis dahin keinen einzigen Euro Umsatz gemacht“, betont er. „Ich habe denen dringend von uns abgeraten.“ Der Kunde verzehnfachte sein Angebot spontan auf eine halbe Million Euro. Und setzte damit den tatsächlichen Startschuss für Berlin Space Technologies.

Berlin Space Technologies GmbH

gegründet: 2010
Mitarbeiter: 24
Umsatz: keine Angabe
www.berlin-space-tech.com
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Was dann folgte, nennt Tom Segert noch immer ein Wunder: Aus Singapur bekam das Startup den Auftrag zum Bau eines Kleinsatelliten– für 6,5 Millionen Euro. „2013 haben wir dann 20 Mitarbeiter eingestellt, uns auf 660 Quadratmeter vergrößert und innerhalb von zwei Jahren sämtliche Subsysteme des Satelliten entwickelt“, sagt Segert. Ein wahrer Raketenstart für das kleine Start-up, das sich auch Hilfe von der TU holte. Kent-Ridge-1, so heißt der Satellit, fliegt seit Dezember 2015 für die Nationaluniversität Singapur in 550 Kilometern Abstand um die Erde, filmt und macht Fotos.

Der nächste große Schritt
lässt nicht auf sich warten: Derzeit baut Berlin Space Technologies als Joint-Venture mit dem staatlichen indischen Pharmakonzern Hetero Health Care eine Fertigungsstraße für Satelliten – eine Flugstunde westlich von Neu-Delhi. „Wir könnten in Adlershof maximal fünf Satelliten pro Jahr bauen, Indien hat aber einen Bedarf für hunderte Satelliten“, erklärt Segert. „Ein Monstergeschäft.“ Er sehe insofern auch kein Problem darin, die Blaupausen für einen einzigen speziellen Satelliten aus der Hand zu geben – etwas, was Staatskonzerne wie Boeing oder Airbus nie dürften. Ende 2019 soll der erste indische Satellit mit Know-how aus Adlershof fertig sein. Das schnelle Wachstum sei für Berlin Space Technologies alles andere als leicht gewesen, gesteht Tom Segert im Rückblick. Die Aufgabenverteilung unter den drei Gründern habe sich aber bewährt: Björn Danziger leite die Finanzen, die Qualitätskontrolle und erkenne den kleinsten Fehler. Matthias Buhl sei der Entwicklungsleiter und decke alle technischen Gebiete ab. Und er, Tom Segert, behalte als Stratege und Vertriebler das große Ganze im Blick. Die nächste Reise nach Indien steht schon bevor.
Rainer Behrens
Foto: AB

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