VERNETZTES WISSEN - Erwachsen aus einer Notgemeinschaft

Sechs Institute der Humboldt-Universität und zehn außeruniversitäre Forschungseinrichtungen machen den Wissenschaftsstandort Adlershof in Deutschland einmalig.
Die Zahlen allein sind schon beeindruckend: 11.000 Wissenschaftler und Studenten forschen, unterrichten oder lernen heute in Adlershof. Neben zehn außeruniversitären Forschungseinrichtungen gibt es hier sechs naturwissenschaftliche Institute der Humboldt Universität zu Berlin (HU) mit 154 Professoren und 35 mathematischen, naturwissenschaftlichen und lebenswissenschaftlichen Studiengängen. Mehr als 1100 Firmen sind hier zuhause, viele kooperieren mit der Universität, einige sind sogar aus ihr hervorgegangen. Die größten Forschungsfelder sind optische Wissenschaften, Mikrosystemtechnik, Materialforschung, Mathematik und Informatik sowie ihre praktischen Anwendungen.

„Mit dem Wissenschafts- und Technologiepark haben wir in Adlershof etwas bundesweit Einmaliges“, findet Ursula Westphal. Für die Geschäftsführerin der IGAFA, dem Zusammenschluss der außeruniversitären Forschungseinrichtungen, zeichnen Adlershof eine besondere Offenheit und ein Geist der Zusammenarbeit aus. Begründet liege dies in der Geschichte.

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde die in Adlershof ansässige Akademie der Wissenschaften der DDR aufgelöst. Einzelne Institute wurden unter anderer Trägerschaft neugegründet. Der Auftrag vom deutschen Wissenschaftsrat lautete, dass die Forschungsinstitute innerhalb von fünf Jahren in ihren Bereichen international sichtbar sein sollten. Angesichts der spärlichen Infrastruktur eine ambitionierte Vorgabe. „Die Wissenschaftler in Adlershof haben sich damals gewissermaßen zu einer Notgemeinschaft zusammengeschlossen, um mit einer möglichst starken Stimme zu sprechen“, erzählt Westphal. Diesen Gemeinschaftssinn habe sich Adlershof bis heute bewahrt.
Zusammen forschen: Auf dem Campus arbeiten Institute, Universität und Wirtschaft Hand in Hand
Zusammen forschen: 
Auf dem Campus arbeiten Institute, Universität und Wirtschaft Hand in Hand
Noch immer gilt das ungeschriebene Gesetz, dass sich Forschungsinstitute, Universität und Unternehmen vor Ort unterstützen, indem sie sich technische Geräte gegenseitig ausleihen oder zur Verfügung stellen, sofern es um einen überschaubaren Zeitraum geht. Ein großer Beschleuniger für die rasante Entwicklung war die Ansiedlung der sechs HU-Institute für Chemie, Mathematik, Informatik, Physik, Geographie und Psychologie zwischen 1998 und 2003.

Und der Zuzug hält an: 2019 bezieht das Landeslabor Berlin-Brandenburg seinen rund 90 Millionen Euro teuren Neubau in Adlershof. Das überdurchschnittliche Wachstum von Adlershof in den vergangenen Jahren sei vor allem durch eine zielorientierte Vernetzung von Unternehmen und Wissenschaft, genauso wie durch die Förderung von Startups möglich gewesen, sagt Hans-Christoph Keller, Pressesprecher der Humboldt-Universität. Mit der Humboldt- Innovation GmbH hat die HU sogar ein 100-prozentiges Tochterunternehmen, das Studenten auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit berät und begleitet – quasi als Schnittstelle zwischen Lehre und Gründungsförderung. „Wir haben nicht nur Beratungsangebote entwickelt, die sich individuell an Gründungsinteressierte richten, sondern bieten unseren Service in Form von niederschwelligen Entrepreneurship- Veranstaltungen auch Studierenden an, die ihre Geschäftsidee noch nicht in der Tasche haben“, sagt Volker Hofmann, Geschäftsführer von Humboldt-Innovation. Herzstück ist dabei das Gründerhaus Adlershof, das Arbeitsplätze für 60 Personen bietet.

Die HU-Ausgründungen hätten am Standort den großen Vorteil, direkt mit den High-Tech-Unternehmen des Technologieparks zu kooperieren und so erste Kunden zu gewinnen, erklärt HU-Sprecher Keller. Allein aus dem in Adlershof ansässigen Institut für Informatik sind nach Angaben der Universität bisher 29 neugegründete Unternehmen hervorgegangen. Die Überlebenschancen der Start-ups liegen überdurchschnittlich hoch: „Mehr als 80 Prozent der HU-Ausgründungen sind nach fünf Jahren noch am Markt aktiv“, betont Keller.
„Die Taktfrequenz der S-Bahn könnte deutlich erhöht werden“
Ursula Westphal
ist Geschäftsführerin der IGAFA

Diverse Netzwerkveranstaltungen bringen Wissenschaftler, Studenten und Unternehmen in Adlershof immer wieder zusammen. Eine von vielen Gelegenheiten bietet das regelmäßige Format „Wissenschaft trifft Wirtschaft“ der HU. Das Wissenschaftsbüro der IGAFA organisiert seinerseits jährlich rund 100 Veranstaltungen, um die Forschungsinstitute besser zu vernetzen. „Wir sind der Kitt, der die Partner zusammenhält“, sagt Ursula Westphal von der IGAFA. „Während wir für unsere ausgezeichnete Vernetzung bekannt sind, habe ich aus anderen Technologieparks schon gehört, dass sich die verschiedenen Institutsdirektoren auf der Straße gegenseitig nicht unbedingt erkennen.“

Auch für Studierende ist der Campus Adlershof im Laufe der vergangenen Jahre immer attraktiver geworden. Restaurants, Cafés und Supermärkte sind entstanden und haben das Stadtquartier deutlich lebenswerter gemacht. Eine Untersuchung der HU zur Wohnortwahl von Studierenden im Zeitraum 1998 bis 2015 zeigt, dass der Trend bei den Wohnstandorten nach Südosten geht – wohl auch angesichts der immer höheren Mieten in Bezirken wie Friedrichshain oder Neukölln. Für Westphal gibt es aber auch noch Verbesserungsmöglichkeiten: „Was Adlershof noch fehlt, ist eine schnellere Erreichbarkeit anderer Standorte in Berlin. Wir schreiben regelmäßig an die Deutsche Bahn und bitten, die Taktfrequenz der S-Bahn zu erhöhen.“
Rainer Behrens

Forschung außerhalb der Universität

Die außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben mehr als 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 1000 davon sind in der Wissenschaft tätig. Das Jahres-Budget liegt bei 176 Millionen Euro, davon 52 Millionen Euro Drittmittel

Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
konzentriert sich in ihrer Arbeit auf Sicherheit in Technik und Chemie.

Das Ferdinand-Braun-Institut/ Leibniz-Institut für Höchstfrequenz (FBH)
erforscht elektronische und optische Komponenten, Module und Systeme auf der Basis von Verbindungshalbleitern. Diese sind Schlüsselbausteine für Innovationen bei Kommunikation, Energie, Gesundheit und Mobilität.

Das Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI)

betreibt Grundlagenforschung auf dem Gebiet der nichtlinearen Optik und Kurzzeitdynamik bei der Wechselwirkung von Materie mit Laserlicht.

Schwerpunkt des
Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB)
sind Materialien für Energieumwandlung und -speicherung, aber auch Materialien für die Informationstechnologien der Zukunft.

Am Leibniz-Institut für Kristallzüchtung (IKZ)
werden die Grundlagen des Wachstums und der Züchtung von kristallinen Festkörpern erforscht. Ob Mobiltelefone, Leuchtdioden, Laser oder elektronische Bausteine in Computern – häufig sind Kristalle Grundlage der Technologien.

Das Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften (ISAS)
entwickelt mit einem interdisziplinären Ansatz aus Physik, Chemie und Biochemie neue analytische Methoden für aktuelle Fragestellungen aus den Material- und Lebenswissenschaften.

Das Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT)
betreibt Grundlagenforschung zur Beschleunigung von chemischen Reaktionen bis hin zur technischen Umsetzung.

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)
ist das nationale Metrologie-Institut, das mit Messeinrichtungen z.B. optische Materialien charakterisiert und auf ihre Qualität überprüft.

Außerdem
forscht in Adlershof die Arbeitsgruppe Luftchemie der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) zu Prozessen in der unteren Atmosphäre.
Foto: BAM


Advertorial: Forschungsverbund Berlin

Forschungsverbund Berlin
Foto: FBH/schurian.com

Advertorial Forschungsverbund Berlin e. V.
Weiterführender Link zur Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft in Adlershof hier
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